Mittelhandbruch nach Fahrradsturz: Deutliche Verbesserung bereits nach sechs Wochen
Nach einem Fahrradsturz litt Frau T. unter zwei gebrochenen Fingern sowie einer schmerzhaften Schwellung der rechten Hand sowie damit verbundenen Bewegungseinschränkungen. Durch eine gezielte Handtherapie konnten wir u.a. die Beweglichkeit bereits nach sechs Wochen wieder deutlich verbessern.
Krankheitsbild einer dislozierten Trümmerfaktur
Verletzungen bzw. Brüche an den Fingergliedern (Phalangen) oder am Mittelhandknochen (Metakarpalia) machen etwa 10% aller Frakturen aus. Allerdings werden diese Verletzungen von den meisten Menschen ignoriert: Viele betrachten sie als Bagatell-Verletzung und nehmen sie nicht wirklich ernst. 25 % aller Fingerversteifungen lassen sich auf die nachlässige Behandlungen dieser Frakturen zurückführen.
Bei einer dislozierten Trümmerfraktur – also einem Bruch, bei dem die Knochenfragmente verschoben sind – können auch die Streck- und Beugesehnen in Mitleidenschaft gezogen und verletzt werden. Das gilt auch für sogenannte intraartikuläre Frakturen, also Brüchen innerhalb einer Gelenkkapsel.
Neben der Verletzung der Streck- und Beugesehnen kann auch die aktive und passive Beweglichkeit eingeschränkt werden. Zudem kann es zu Fehlstellungen der Finger kommen, was wiederum eine massive Störung der Greiffunktion nach sich zieht: Die Bildung einer Faust oder auch das Biegen der Finger zu einer Kralle sind nicht mehr möglich.
Fahrradsturz führte zu erheblichen Einschränkungen
Dies war auch bei Frau T. der Fall. Nach einem Fahrradsturz auf die rechte Hand zog sie sich eine dislozierte Grundgliedbasisfraktur des Ring- und Kleinfingers zu. Dazu kam auch eine schmerzhafte Schwellung der gesamten rechten Hand.
Nach der Operation mit sogenannten K-Drähten – das sind sterilisierte, glatte Edelstahlstifte – wurde die Fraktur über 6 Wochen mit einer Schiene ruhiggestellt. Zudem waren die beiden Finger mit einem sogenannten „Buddy Loop“ an den Nachbarfinger gekoppelt.
Mit der Schiene war zwar eine Beugung und Streckung möglich, allerdings waren dabei die Grundgelenke in einem Winkel von 70-80° fixiert. Somit war die Bewegung der Patientin eingeschränkt, gleichzeitig blieben aber die Grundgelenke blieben in der Beugung und die Seitenbänder konnten weder schrumpfen noch sich zusammenziehen.
Nach einer solchen Operation (Osteosynthese) ist grundsätzlich die Ruhigstellung zur Behandlung der Schwellung sowie eine konsequente Hochlagerung der verletzten Hand für einige Tage erforderlich. Gleichzeitig empfiehlt es sich, schon in dieser Zeit der Wundheilungsphase mit einer handtherapeutischen Behandlung zu beginnen.
Zu Beginn der Behandlung hatte die Patientin starke Schmerzen
Als Frau T. bei Anne Münch in der Praxis erschien, waren durch die Operation, den Schmerz und die Schwellung die Bildung einer Faust und einer Kralle bereits stark eingeschränkt. Nach Abnahme der Schiene und des Verbands wurde eine stark geschwollene Hand sichtbar, die Drähte sind an den Seiten der Finger zu sehen.
„Gerade in solchen Fällen ist es wichtig, die Patienten beim ersten Schock nach dem Öffnen des Verbands zu begleiten. Hier sind viele Patienten irritiert, wie stark die Hand geschwollen ist. Auch das Ablösen der Haut und die Drähte bzw. Fäden sind für viele Patienten ein irritierender Anblick. Zudem fehlt oft der Mut, die Hand gut zu bewegen“, beschreibt die zertifizierte Handtherapeutin Anne Münch ihre umfassenden Erfahrungen mit derartigen Situationen.
Gemeinsam mit professioneller Handtherapeutin gezielte Bewegungen möglich
Viele Patienten kostet es am Anfang eine große Überwindung, trotz der Schwellung und der Schmerzen die Hand wieder zu bewegen. Insbesondere zu Anfang einer Therapie empfiehlt sich daher, die Termine möglichst eng zu takten. So kam auch Frau T. zunächst zwei bis drei Mal wöchentlich zur Behandlung.
Gemeinsam mit der Ergotherapeutin Anne Münch konnte die Patientin die Mittel- und Grundgelenke je nach Schmerzgrad in die volle Beugung und Streckung bringen. Auch die nicht betroffenen Finger und Gelenke wurden aktiv unter Anleitung bewegt. Insbesondere hier ist die Expertise einer erfahrenen Handtherapeutin wie Anne Münch Gold wert: „Die Patienten können unter Anleitung besser spüren, wie viel sie ihre Hand bewegen können und dürfen.“
Dazu kamen schmerzfreie, leichte Sehnengleitübungen durch aktives und passives Bewegen der Finger. Das wichtigste Ziel dieser Übungen war, eine Bewegungseinschränkung der Mittel- und Endgelenke und der nichtbetroffenen Finger, Handgelenk und Ellbogen zu vermeiden sowie einer Verklebung der Sehnen vorzubeugen. Nach einer mehrfachen, intensiven Anleitung sollte Frau T. diese Übungen auch selbständig Zuhause durchführen.
In den folgenden Terminen wurden unter Abnahme der Schiene die Grundgelenke durch Anne Münch in die Streckung mobilisiert. Durch bestimmte Übungen konnten wir gewährleisten, dass sich die Mittelgelenke weiterhin ausreichend strecken lassen.
Darüber hinaus haben wir mit thermischen Anwendungen in Form von Kälte und Lymphdrainage dafür gesorgt, dass die Hand langsam abschwillt.
Nach insgesamt 15 Terminen à 30 bis 40 Minuten in sechs Wochen wurden die K-Drähte gezogen, dafür war keine weitere Operation notwendig.
Deutliche Behandlungserfolge nach sechs Wochen
Der Erfolg der Behandlungen wurde bereits nach diesen ersten sechs Wochen sichtbar. Die am Anfang der Behandlungen starken Bewegungseinschränkungen wurden auf ein Minimum reduziert. Der Abstand des kleinen Fingers bis zur Handinnenfläche beträgt nur noch 1 cm, der des Ringfingers 2 cm.
Gleichzeitig war die seitliche Fingerbewegung (Abduktion/Adduktion) immer noch etwas eingeschränkt und der Patientin fehlte es nach wie vor an Kraft. Die Narben an denen die Drähte aus der Haut schauten, sind klein und z.T. etwas fest.
Narbenbehandlung mit Ultraschall
Zur Narbenbehandlung starteten wir nach dem Entfernen der K-Drähte die Behandlung mit Ultraschall und einer Narbenmassage.
In weiteren therapeutischen Aktivitäten konnten wir mit Greifübungen den aktiven Einsatz der verletzten Hand sowie das Abbauen von Schonhaltungen verbessern. Zudem bekam Frau T. gezielte Übungen zur Stärkung der Hand durch Knete, Bälle und Gummis. Durch die schrittweise Mobilisierung der Gelenke konnten wir die Übungen intensivieren sowie an die neue Situation anpassen.
Schnelle Rückgewöhnung an den Alltag
Für den Alltag außerhalb der Termine haben wir T. ermutigt, ihre Hand möglichst wieder wie vor dem Unfall zu bewegen und so als Rechtshänderin die für sie entscheidende Hand wieder zum Essen, Schreiben, Ankleiden und anderen Tätigkeiten einzusetzen.
Nach vier Monaten keine Schmerzen mehr und kaum noch Einschränkungen im Alltag
Nach vier Monaten entstand aufgrund eines Urlaub eine Behandlungspause von neun Wochen. Während dieser Zeit sollte Sie mit den Übungen fortfahren. Zudem erhielt Sie am Urlaubsort 1x in der Woche eine Physiotherapie.
„Ich bin sehr mit dem Ergebnis der Behandlung zufrieden, habe keine Schmerzen und kann im Alltag, Arbeit und Hobby alles mit meiner Hand machen und erledigen.“, zieht Frau T. ein erstes Fazit. „Auch die Narben sind so gut wie nicht zu sehen. So kann ich auf jeden Fall damit leben.“
„Allerdings sind der Ringfinger und der kleine Finger am Morgen noch etwas steif“, ergänzt Frau T. „Somit komme ich nicht komplett in die Faust und Kralle. Wenn ich die Bewegungsübungen gemacht habe, geht das leichter. Zudem kann ich den kleinen Finger noch nicht voll ausstrecken. Außerdem fehlt mir in der Hand noch Kraft. Das spüre ich vor allem, wenn ich die Hand länger belaste, z. B. im Haushalt und beim Tragen.“
Weitere Therapie zur endgültigen Heilung
Die Einschätzung von Anne Münch bestätigt diese Beschwerden: „Die Kapsel des mittleren Gelenks des Ringfingers ist noch nicht genug elastisch und ich spüre einen leichten Wiederstand in der Beugung. Mit dem kleinen Finger schafft Fr. T. keine endgrasige, also komplette, aktive Streckung des mittleren Gelenks, passiv – also wenn eine andere Person den Finger bewegt – ist dies keine Problem. Ihre Handkraft ist im Vergleich zur Gegenseite noch vermindert. In Absprache mit der Patientin führen wir die Behandlung noch für einige Termine fort um die noch bestehenden Einschränkungen zu verbessern und die Kraft weiter aufzubauen.“
Behandlung über den Finger und die Hand hinaus
Nach über 20 Jahren Berufserfahrung ist es für Anne Münch auch wichtig zu betonen, dass es bei einer Ergotherapie nicht nur darum geht, die jeweils betroffenen Gelenke am Finger zu heilen. Viel mehr ist auch entscheidend, die gesamte Hand oder auch den Arm zu betrachten, die auch häufig von der Verletzung beeinträchtigt sind. Bei der Verarbeitung der Verletzung spielt zudem auch die Psyche und das Einfühlungsvermögen des behandelnden Ergotherapeuten eine entscheidende Rolle.
Über die Autorin Anne Münch
Für die ausgebildete Handspezialistin Anne Münch ist die Ergotherapie ihre Berufung. In ihrer über 20-jährigen Tätigkeit hatte sie das Privileg, ihre Tätigkeit aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln kennenzulernen. Dabei hat sie ihr Wissen rund um die Ergotherapie mit zahlreichen Fortbildungen ständig erweitert.